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VIENTO SUR – Kunst aus Lateinamerika – 04.11. – 20.11.2022
Lateinamerika ist derzeit ein eher vergessener Kontinent. Ein Kontinent, der vorwiegend aus wilder, großflächig unbezähmbarer Natur besteht: den Anden, Hochebenen auf 3000 Metern Höhe, feuchtheißen Sumpflandschaften, Salzwüsten, den berühmten Urwäldern, die sich über alle Grenzen erstrecken, trockenen Savannen, die grade noch Kleintiere ernähren können, wie auch den großen fruchtbaren und ertragreichen „feuchten“ Pampas. Dieser Kontinent definiert sich immer noch weitgehend über seine Geographie. Nirgendwo wird es klarer, wie derzeit in Brasilien, wo das koloniale „Urbarmachen“ die Naturwälder zerstört.
Die Ureinwohner nennen sie die „Pachamama“, die Mutter Erde. Diese ist reich an Rohstoffen, an fleißigen Menschen mit Organisations- und Improvisationstalent, an Bildungsbürgern, jedoch gebeutelt von Diktaturen, Pseudo-Demokratien, Populismus und Heuschrecken-Kapitalismus. Hinzu kommt eine koloniale Vergangenheit, die mit der weiteren Zuwanderung – aus aller Welt – und innerkontinentalen Migrationsströmen eine tiefgreifende seit Jahrhunderten präsente Entwurzelung des Individuums zur Folge hatten. Das Land der Zuflucht, das Ziel vieler Migranten ist zurzeit wieder einmal Argentinien. Es fühlt sich so an, als böte sich für die Ankommenden und die hier schon eine Weile Lebenden, die letzte Chance, gemeinsam miteinander klarzukommen.
Diese Sehnsucht nach Erdung hat sich bis heute auch in der Kunst bewahrt. Europäische Kultur ist ebenso gegenwärtig wie die immer wiederkehrende Sehnsucht nach Stille, nach Natur, nach Schutz, nach der Überwindung der Einsamkeit und nach Identifikation mit der örtlichen Kultur.
Unsere Ausstellung zeigt Ölbilder, Tuschen und Aquarelle, Aquatintas (Ätzlavierungen) und Collagen von:
Maria del Rosario Argüello, Concarán, San Luis, Argentinien
Mabel Berzano, Glew, Buenos Aires, Argentinien
Ingrid Dreschke, Bensberg, NRW, Deutschland
Claudio Scheffer, Glew, Buenos Aires, Argentinien
Wie ein Windstoß aus dem Süden sind die Werke getragen vom Augenblick, vom Situativen, vom Spiel des Lichts – sowohl in der Suche nach Geborgenheit und Ursprung als auch in der Spiegelung urbaner Einsamkeit von Tangoszenerien.
- Toma Neill wird uns auf der Vernissage, Freitag, 4.11. ab 19h mit Bandoneón-Klängen
- Am 5.11. treffen wir uns um 11h zu einem Atelierfrühstück mit Lesung südamerikanischer Literatur, z.B. Cortázar (nur mit vorheriger Anmeldung)
- Ulf Dreschke wird uns am Sonntag, 13.11. zum Atelierfrühstück um 11h mit argentinischem Rock und Folklore erfreuen (nur mit vorheriger Anmeldung).
Wir laden Sie/Euch ein, dem Gefühl nachzugeben, in der Fremde zuhause zu sein für eine kleine Weile.
Öffnungszeiten:
samstags & sonntags 12-17 Uhr
unter der Woche nach Vereinbarung:
0163 8732729
vpopescu@outlook.com
KHP-Ateliers
Adersstr. 45
40215 Düsseldorf
Anne Klaas | périssable | 20.08.-28.08.2022
Die Ästhetik des Augenblicks
Vergänglichkeit ist das Thema der Photographin Anne Klaas. Das Sujet und die Mitteilung ihrer Werke finden sich jedoch nicht – wie man spontan denken möchte – in der Darstellung melancholischen Welkens oder zeitbedingten Verfalls, sondern wir werden in jedem Bild mit einem situativen Augenblick konfrontiert; und von dieser Momentaufnahme – die ausdrücklich nicht digital verfremdet oder technisch bearbeitet wurde – erhalten wir einen spannungsgeladenen Ausschnitt: das faszinierende Moment einer nicht immer erklärbaren Sachlichkeit. Photographie ist per se Augenblicksdarstellung. Anne Klaas reizt das Potenzial des Mediums bis an seine Grenzen aus: sie lädt uns ein, durch ihre Sichtweise eine unbekannte Welt zu erschauen, deren natürlicher Ursprung sich in der Detailansicht nicht gänzlich selbst erklärt. Sie zeigt die wunderbare Ästhetik des Wandels, festgehalten in einem fernen Augenblick. Sie führt uns vor Augen, dass wir über Dinge, die wir zu kennen meinen, eigentlich wenig wissen.
Wir laden Sie herzlich ein, einzutauchen in die Welt der Anne Klaas!
Anne Klaas
Die Künstlerin, geboren 1961 im Sauerland, belegte schon in der Schule die Arbeitsgemeinschaft der Fotografie mit ersten Gehversuchen im analogen Bereich und entdeckte so für sich die Leidenschaft.
Von einem guten Freund, Journalist und Fotograf, lernte sie die Grundlagen der Fotografie in Bezug auf Bildkomposition, wie z.B. ungewöhnliche Perspektiven, um dem Motiv eine gewisse Spannung zu verleihen und den Betrachter zu fesseln.
Anfangs beschränkten sich die Fotos auf Landschaften, später konzentrierte sie sich auf die Architektur, dann kristallisierten sich spezielle Detailaufnahmen heraus, bis schließlich das Informelle zum Ausdruck kam.
Ausstellung im Rahmen der Kunstpunkte Düsseldorf.
Öffnungszeiten:
samstags 14-18 Uhr
sonntags 12-18 Uhr
wochentags nach tel. Absprache:
0163-8732729 oder 0171-1883659
Karin Fehr – “Komm Näher”
Ausstellung „Best-Beloved“ | Robin Weuste | Vernissage 16. Juli, 18 Uhr
Der Betrachter als unversehrter Aktaion
“Est-il vision plus folle que celle entre les feuillages écartés qui s’offre aux yeux d’Actéon?” (Pierre Klossowski, Le bain de Diane) – Ist da ein Anblick rasender, als jener durch beiseitegeschobenes Laubwerk sich den Augen Aktaions bietet? – Zur Erinnerung: Aktaion auf der Jagd beobachtet heimlich Diana beim Bade, als Strafe verwandelt sie ihn in einen Hirsch, und er wird sogleich von seinen eigenen Hunden zerfleischt. Der Künstler Robin Weuste erlaubt uns einen unversehrten Blick ohne Hinterhalte auf die göttliche Schönheit. Diana lauert nicht, uns für unsere indiskreten geheimen Blicke zu bestrafen. Kein Hund sucht die scharfen Zähne in unser Fleisch zu schlagen.
Die Körperdarstellungen Weustes strahlen eine göttliche Unversehrtheit aus, gleichsam zart enthoben und wenig fleischlich. Hier wird niemand verletzt, der Betrachter ist eingeladen, furchtlos zu verweilen. Die jungen Götter befinden sich in freier und malerisch von jedem überflüssigem Schnörkel befreiter Natur – ganz bei sich und miteinander, verletzlich in ihrer Nacktheit, jedoch scheinbar ohne jegliche Furcht vor Entdeckung, vor einem Angriff von außen, göttlich erhaben gegenüber jeglicher Intrusion. Allein in dieser Attitude liegt die Verbindung zur Mythologie, der Hinweis auf die Frühzeiten klassischer Kultur, sind doch die Darstellungen bar jener ikonographischen Attribute, die über Jahrhunderte hinweg den Zugang, die Bestimmung und Identifikation klassischer Gottheiten und mythologischer Figuren diente. Bar jeder Symbolik, bar dionysischer Anspielungen stehen bei Weuste die universelle Sehnsucht nach Unversehrtheit, Frieden, Zugewandtheit und Liebe im Vordergrund. Aggressoren, Unfrieden, Rache oder Krieg werden regelrecht ausgesperrt. Weuste ist jedoch weit entfernt von der Vermittlung einer oberflächlich-kitschigen „Heile-Welt“-Atmosphäre. Eine übergriffige Sehnsucht nach Einfachheit, Unverstelltheit und Ruhe strömt aus den großen Formaten und strahlt regelrecht in den Raum hinein. Wir, die Kunstbetrachter, sind Aktaion und dürfen ungestraft die Szenen beobachten, die so innig, so nah vor uns und doch entrückt, in jenen entlegenen Sphären sich zu ereignen scheinen, die kein menschlicher Fuß je betreten hat.
Das Titel gebende Bild “Best-Beloved” zeigt eine Interpretation des homerischen Helden Achilles und dessen Freund Patroklus, den Achilles φίλτατος (Philtatos) nannte. Das altgriechische Wort Philtatos bezeichnet den am meisten Geliebten, den Best-Beloved. Die Ausstellung im Kunsthaus Popescu zeigt in kleineren und überlebensgroßen Formaten Darstellungen entrückter Entitäten in einsamer Natur, die den Konflikt von selbstbewusstem Eros und hermethischer Verschlossenheit aushalten. Die ausgewählten Bilder sind im Sinne des Titels quasi Robin Weustes “Philtatoi” des letzten Jahres.
Robin Weuste
Robin Weuste, geboren 1993 in Solingen, schloss 2019 sein Studium an der Kunstakademie Düsseldorf ab und lebt und arbeitet seitdem als freischaffender Künstler in Düsseldorf.
Robin remystifiziert seine Umwelt, indem er Alltagseindrücke wie Blicke, Berührungen, zwei Männer auf einer Bank oder einen Nachtspaziergang in eine Dramaturgie einbaut, die sie ihrer Alltäglichkeit enthebt und damit das archetypische, zugrundeliegende Gefühl erforscht.
Im Kontrast dazu steht die Auseinandersetzung mit bekannten mythologischen Figuren, die sich in Robins Bildern von ihrer Geschichtslastigkeit befreien und nach Intimität und Ruhe suchen.
Öffnungszeiten: Mo, Di und Do 10-16h
Vernissage 16.07 18-21h
Finissage 15.08 15-19